Scora
    

Vom Baum zum Fahrzeug – Holzflitzer aus dem Wald

Im November in den Wald? Bei Kälte und Wind? Ja klar!

Als angehende Kinderpflegerinnen ist es wichtig Erfahrungen in der Natur zu jeder Jahreszeit zu sammeln, um diese dann in der pädagogischen Arbeit mit Kindern einzubringen. Daher fand im November ein Fortbildungstag für die Kinderpflegerinnen im Anerkennungsjahr am Haus des Waldes in Stuttgart mit Johannes Wagner, Förster und Waldpädagoge in Stuttgart, statt bei dem wir ein ganz besonderes und nicht alltägliches Programm im Wald erlebten.

Nach der Vorstellung des Tagesablaufs ging es gleich los! Die Aufgabe lautete: Erstellt in zwei Team jeweils ein Fahrzeug aus frisch geschlagenem Holz das fährt und mindestens eine Person transportieren kann.

Das Endprodukt sollte am Ende des Tages getestet werden. Dazu musste eine vorgeschriebene Strecke zurückgelegt werden und es wurde ein Rennen zwischen den beiden Fahrzeugen durchgeführt.

Vor dem Rennen kam die Arbeit. Zunächst wurden alle Praktikantinnen vom Fachmann in die kundige Werkzeugnutzung eingeführt. Es wurden geeignete Bäume zum Fällen ausgesucht, diese wurden entastet und abgelängt, manches wurde gespalten, es wurde gehämmert, gesägt und gebohrt. Den ganzen Tag über waren die beiden Teams engagiert am Werkeln. Natürlich durfte frisch über Feuer gekochter Kaffee und ein Vesper im selbst gebauten Waldsofa zur Mittagspause nicht fehlen.

„Ein Fahrzeug bauen aus einem Baum? Aber sowas kann ich doch mit Kindergartenkindern gar nicht machen!“ – so oder ähnlich könnte ein Kritikpunkt sein, den man jedoch leicht ausräumen kann. Die Ziele dieser Veranstaltung waren auf mehreren Ebenen anzusiedeln.

Da war zum einen die Ebene der praktischen Erfahrungen der angehenden pädagogischen Fachkräfte beim Herstellungsprozess eines Fahrzeugs. Im Team musste mit reduzierten Materialien und dem direkt aus dem Wald entnommenen Rohstoff Holz ein fahrbarer Untersatz gebaut werden. Neben der Entwicklung eines Bewusstseins des Baums bzw. Waldes als Rohstofflieferant galt es auch zu erleben, wie mühsam und frustrierend einerseits manche Arbeitsschritte sein können, wie komplex der Bauplan ist, wenn das Fahrzeug tatsächlich fahren und eine Person transportieren soll und wie andererseits das Endprodukt einen mit Stolz erfüllt, wenn man es am Ende bestaunt und vorführt. Auch die Teamaufgabe erforderte den Einsatz einer jeden Auszubildenden und jede konnte eine andere Kompetenz unter Beweis stellen und trug damit einen wichtigen Teil zum Gelingen bei. Da stellte sich heraus, wer Profi am Akkubohrer war, wer das Beil schwingen konnte oder wer den auf Papier festgelegten Bauplan in Arbeitsschritte übersetzen konnte und die Gesamtkoordination im Auge hatte.

Die andere Ebene dieser Fortbildung war zu überlegen, inwieweit ein Transfer in den Kindergarten möglich ist. Wie führe ich Kinder an die verwendeten Werkzeuge heran? Darf ich diese alle allen Kindern geben oder muss ich da Besonderheiten beachten? Was wären geeignete Bauprojekte? Was sind kleinere Vorhaben, die ich gut mit Kindergartenkindern in einem kurzen Zeitraum umsetzen kann? Was wären je nach Interessen der Kindergruppe geeignete langfristige Projekte? Warum nicht mal eine Bank für den Außenbereich der Einrichtung gemeinsam erstellen? Wo besteht der Unterschied, ob ich Spielzeug oder Möbel aus Kunststoff kaufe oder selbst gemeinsam mit Kindern aus einem nachwachsenden Rohstoff herstelle? Hier kommt die Perspektive der Bildung für nachhaltige Entwicklung ins Spiel, die zunehmend an Bedeutung gewinnt. Eine Schülerin wird genau diese Überlegungen auch gleich praktisch umsetzen und als Teil ihrer Abschlussarbeit Planung und Bau einer Hütte oder eines Tipis mit den Kindern als Projekt durchführen.

Eine dritte Ebene galt der Information, wie man Ansprechpartner vor Ort finden kann, wenn der Weg ins Haus des Waldes zu weit ist. Manche Schülerinnen kamen schließlich aus einiger Entfernung nach Stuttgart.

In der abschließenden Reflexionsrunde wurden anfängliche Zweifel und Vorbehalte gegenüber dem Tag im Wald eingeräumt. Es wurde aber schnell klar, dass die negativen Erwartungen nicht erfüllt wurden, sondern wider Erwarten positive und gewinnbringende Erfahrungen gesammelt werden konnten und die Praktikantinnen mit Freude dabei waren. Ein großes Lob galt Johannes Wagner vom Haus des Waldes, der den Schülerinnen viel Verantwortung übertrug und den Freiraum ließ die Fahrzeuge nach eigenen Vorstellungen zu bauen!